Interview mit Jitka Beranek, Mai 2013
Jitka, deine Arbeiten wirken auf den ersten Blick abstrakt, dennoch auch wieder gegenständlich. Wodurch entsteht dieser Eindruck?
Das liegt wohl an den Bildern in meinem Kopf. Ich bin zwar abstrakt, doch meine Kindheit in Tschechien auf dem Land war sehr einprägsam für mich. Diese Zeit bewahre ich mir.
Was hat dich geprägt?
Mein Vater war schon ein sehr guter Hobby-Fotograf, er hat hauptsächlich Winterlandschaften fotografiert. Bei uns gab es immer viel Schnee, viel Wind, die ganze Landschaft hat sich in eine Abstraktion verwandelt. Komisch seltsame verschneite Baumfiguren, etwas ganz Skuriles, waren zu sehen.. Im Sommer dann die karge Graslandschaft mit Insekten. Es war alles immer in Bewegung. Der Wind, die Farben, das hohe Gras im Wind. Das war einfach toll.
Der Rhythmus der Jahreszeiten hat deine Vorstellungskraft bereichert?
Ja, der Winter, der Schnee, die Landschaft…Die Bilder im Winter waren sehr prägnant und dominant. Im Winter war Ruhe zum Denken, Schreiben und Ruhen, im Sommer wiederum dann die Bewegung draußen…Wir lebten auf dem Bauernhof abhängig von den Jahreszeiten. Auch heute schreibe ich sehr viel, wenn ich nicht male.
Seit einigen Jahren gibt es diese intensive Beziehung zu Tschechien wieder?
Es gibt für mich zwei Lebens- und Arbeitsorte: München und Dolni Branna.
Deinen ersten Beruf hast du durch diese Bindung an die Natur und deine Herkunft gewählt?
Ich bin ja auch jetzt noch Forstwirtin. Etwas später habe ich dann bei Jerry Zeniuk an der Akademie in München Malerei und Grafik studiert.
Du arbeitest in erster Linie mit Papier. Hat dich die Leinwand nie interessiert?
Die Arbeiten sind alle auf Papier mit Graphit, Ölkreide und Gouache. Manchmal muss ich doch Acryl beimischen wegen der Elastizität der Papierbahnen. Alle Bilder sind auch noch fixiert, Graphit schmiert ja.
Der Strich ist mir wichtig, daher das Papier. Auf der Leinwand zu zeichnen ist fast unmöglich. Die Striche sind nicht tief genug und haben keine aussagende Kraft und Qualität.
Ich sehe mich als Zeichnerin und weniger als Malerin.
Weshalb verwendest du riesige Papierbahnen und selten kleinere Formate?
Die Rollen kommen daher, weil ich nie ein separates Bild gemacht habe. Ich habe immer Reihungen produziert.
Du arbeitest in mit den Händen.
Ich arbeite ausschließlich mit den Händen und benutze keinen Pinsel. Es hat mit Körpereinsatz zu tun und der ist dadurch direkter.
Gibt es Vorbilder für dich?
Etliche: beispielsweise Cezanne, Pollock, Simotova, Kirkeby, Stöhrer, ein Biologe. Aber auch die Japanerin Yayoi Kusama. Und natürlich mein Lehrer Jerry Zeniuk. Er kennt Kusama auch persönlich. Zeniuk hat denselben Ursprung wie Warhol und war damals an Warhols Factory beteiligt, hat sich dann aber zurückgezogen. Er wurde in der Ukraine, nahe der Grenze zu Polen geboren. Warhols Vorfahren kommen aus dem slowakischen Teil des Dreiländerdreiecks Slowakei-Polen-Ukraine.
Wie würdest du abschließend deine Zeichnungen charakterisieren?
Ich schließe mich dem an, was Jerry Zeniuk über meine Arbeiten gesagt hat: „Innere Landschaften, innere Haut…“
Dr. Silvia Freimann
Mai 2013